
Woher kommt der bittere Geschmack?
Mit einem bitteren Geschmack verbinden wir nichts Gutes. Wir sind evolutionär darauf getrimmt, Bitteres wieder auszuspucken, da es auf giftige, unreife oder ungenießbare Lebensmittel hindeutet. Dabei ist längst nicht alles, was bitter schmeckt, schlecht für uns oder unsere Gesundheit. Bitterstoffe in Pflanzen können sogar einige gesundheitsfördernde Eigenschaften haben.
Wir nehmen bittere Geschmäcker ganz hinten auf der Zunge wahr. Am Zungenboden tief im Rachen sitzen die meisten Geschmacksknospen, die auf Bitterstoffe reagieren. Solche Geschmacksknospen bestehen aus bis zu 150 Sinneszellen mit Rezeptoren, die speziell auf die Wahrnehmung von Bitterstoffen ausgebildet sind. Verbinden sich Bitterstoffe aus unserer Nahrung mit den Rezeptoren der Geschmacksknospen, werden Signale über das Nervennetz in unserem Mund und Kopf bis ins Gehirn weitergeleitet.
Essen wir Lebensmittel mit besonders vielen Bitterstoffen wie Fenchel, Rosenkohl oder Artischocken, schmecken wir natürlich sehr viel Bitteres. Doch was können die Gründe sein, wenn wir plötzlich nur noch so schmecken?
Bitterer Geschmack auf der Zunge: Mögliche Gründe
Mit Dysgeusie bezeichnen Mediziner und Medizinerinnen Geschmacksstörungen. Diese können verschiedene Ursachen haben. Es wird hierbei generell zwischen drei Möglichkeiten unterschieden, wo die Störungen ausgelöst werden können. So kann Dysgeusie direkt an den Geschmacksknospen entstehen, auf ein Problem mit dem Nervensystem hindeuten oder im Gehirn ausgelöst werden.
Erkältungskrankheiten
Bei viralen Erkrankungen der oberen Atemwege können auch die Geschmacksknospen auf der Zunge und in den Schleimhäuten der Mundhöhle in Mitleidenschaft gezogen werden. Forschende fanden heraus, dass bei Entzündungsreaktionen in unserem Körper ein bestimmter Entzündungsmarker unseres Immunsystems einen Einfluss auf die Rezeptoren unserer Zunge haben könnte. Unser Immunsystem schüttet den Signalstoff bei Abwehrreaktionen aus. Verbindet er sich mit den Rezeptoren auf der Zunge, werden fälschlicherweise Bittersignale ans Gehirn geleitet. In einem Experiment mit Mäusen, denen dieser Signalstoff weggezüchtet wurde, stellten die Forschenden fest, dass die Tiere ohne den Stoff viel weniger auf Bitterstoffe reagierten.
Gürtelrose im Gesicht
Für die Signalweiterleitung sind Nerven in unserem Gesicht verantwortlich. Besonders der Mittelgesichtsnerv spielt hier eine wichtige Rolle. Bei einer Gürtelrose im Gesicht können die für den Ausbruch verantwortlichen Windpockenviren Nervenbahnen im Gesicht schädigen und die Reizweiterleitung beeinträchtigen. Ein mögliches Symptom der Gürtelrose im Gesicht sind daher auch Geschmacksstörungen, bei denen Betroffene nur noch bitter schmecken.
Schädel-Hirn-Trauma
Nach schweren Stürzen oder Schlägen auf den Kopf kann es unter Umständen zu vorübergehenden, manchmal auch dauerhaften, Geschmacksstörungen kommen. Die im Hirn ankommenden Signale aus der Zunge müssen verarbeitet und interpretiert werden. Erst dann schmecken wir wirklich, was unsere Zunge uns mitgeteilt hat. Durch Traumata des Kopfes können aber Areale unseres Gehirns beschädigt werden, die für die Geschmackswahrnehmung verantwortlich sind. Schmecken Sie nach einem Unfall oder Sturz nicht mehr oder verändert, suchen Sie unbedingt einen Arzt oder eine Ärztin auf, um abzuklären, ob Ihr Gehirn schwerwiegenden Schaden genommen hat.
Zu viel Nikotin oder Alkohol
Dass Rauchen tödlich ist, wissen wir mittlerweile alle. Auch der übermäßige Alkoholkonsum kann zu ernsten gesundheitlichen Folgen und einem frühzeitigen Tod führen. Was vielen Menschen aber nicht bewusst ist: Alkohol und Nikotin sind Zellgifte. Die Geschmacksknospen im Mundraum kommen zuerst mit den Giftstoffen in Kontakt und können bei regelmäßigem Konsum über die Jahre irreparabel geschädigt werden. Viele nikotinabhängige Menschen schmecken nur noch wenig Nuancen, in vielen Fällen bleibt ein ständiger bitterer Geschmack im Mund zurück.
Medikamente
Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung einen bitteren Geschmack im Mund hervorrufen. Dies betrifft insbesondere Antibiotika, die oft die Bakterienflora im Mund beeinträchtigen, sowie Antidepressiva und Medikamente gegen Bluthochdruck, die die Speichelproduktion verringern oder den Geschmackssinn direkt beeinflussen können. Auch Chemotherapien oder bestimmte Schmerzmittel sind dafür bekannt, den Geschmackssinn zu verändern und einen unangenehmen, bitteren Nachgeschmack zu hinterlassen.
Mundtrockenheit
Eine unzureichende Speichelproduktion, auch als Xerostomie bekannt, kann den Geschmack auf der Zunge negativ beeinflussen und zu einem bitteren Gefühl führen. Ursachen für Mundtrockenheit sind unter anderem Dehydration und bestimmte Medikamente (wie Antihistaminika, Blutdruckmittel oder Antidepressiva). Speichel hilft normalerweise, den Geschmackssinn zu regulieren, indem er Nahrungsreste und Bakterien im Mund entfernt, sodass ohne ausreichende Speichelproduktion der Geschmack verzerrt oder unangenehm werden kann.
Refluxkrankheit (GERD)
Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) steigt saurer Mageninhalt in die Speiseröhre und manchmal bis in den Mund auf. Dies führt zu einem bitteren oder säuerlichen Geschmack, da die Magensäure, die in die Speiseröhre gelangt, auch die Geschmacksknospen in der Mundhöhle beeinflussen kann. Häufig geht diese Symptomatik mit anderen Beschwerden wie Sodbrennen, Husten oder Schluckbeschwerden einher. Der bittere Geschmack tritt insbesondere nach Mahlzeiten oder im Liegen auf und kann das allgemeine Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen.